Im Beisein internationaler kultureller und politischer Prominenz feiert Ernesto Cardenal am 20. Januar in Managua, Nicaragua, seinen 80. Geburtstag.
An diesem Tag trägt Cardenal wie immer sein Bauernhemd, Jeans und Jesuslatschen. Sein Haar ist lang und der Bart ist weiß: gleichsam eine Symbiose aus Christ, Marxist und Che Guevara. Kaum ein anderer Dichter Lateinamerikas hat als Literat, Theologe, Politiker und Agitator eine bewegendere Rolle gespielt: Sein Lebenslauf ist ein Spiegelbild des Ringens der lateinamerikanischen Länder um Unabhängigkeit und soziale Gerechtigkeit.
Nach einem Literaturstudium in Mexiko und New York trat Cardenal 1957 ins Kloster Gethsemani in Kentucky (USA) ein. Im Jahr 1961 entstanden seine „Psalmen“, die zu den wichtigsten Werken lateinamerikanischer Poesie gehören und die poetische Grundlage für die „Theologie der Befreiung“ bilden. Auf der nicaraguanischen Inselgruppe Solentiname gründete Cardenal eine christliche, klosterähnliche Gemeinschaft. Als Ort der Besinnung und der Solidarität mit den Armen wurde Solentiname weltberühmt, nicht zuletzt durch Cardenals Aufzeichnungen „Das Evangelium der Bauern von Solentiname“, das einflussreichste Praxisbuch zur „Theologie der Befreiung“.
Er schloß sich früh der Sandinistischen Befreiungsfront an, die 1979 der jahrzehntelangen Diktatur der Familie Somoza ein Ende bereitete und wurde deren erster Kulturminister. Ein Foto von Ernesto Cardenal und Papst Paul II ging 1983 um die Welt. Es zeigt Cardenal den päpstlichen Ring küssend, diesen aber mit erhobenem Zeigefinger als Zeichen der Mißbilligung von Cardenals politischem Engagement.
Im Jahr 1980 erhielt Cardenal den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seit 1967 erscheinen seine Bücher im Peter Hammer Verlag. Sein langjähriger Verleger Hermann Schulz aus Wuppertal und der Honorarkonsul der Republik Nicaragua in München, Dr. Horst Engler-Hamm, gehören am 20. Januar zu den ersten Gratulanten.
Cardenal hat eben den dritten Band seiner Memoiren veröffentlicht, bezeichnend heißt das Buch „Im Herzen der Revolution“. Cardenal muß nicht mehr für seinen Ruhm arbeiten, er ist berühmt. Es wäre kein Wunder, wenn er nicht noch den höchsten literarischen Preis, den die Welt zu vergeben hat, bekäme: den Nobelpreis für Literatur. Tatsache ist, daß er vom Staatspräsidenten Enrique Bolaños den höchsten nicaraguanischen Orden Ruben Dario überreicht bekommt.
Managua, den 15. Januar 2005
Dr. Danica Krunic und Dr. Horst Engler-Hamm